Friedewalde. Für sie ist es eine Chance, für Friedewalde ein großer Verlust. Sonja-Niemann-Schwier schließt am Ende des Jahres 2023 ihre Apotheke, um am 1. Januar 2024 eine neue in Rothenuffeln zu gründen. “Es tut uns unendlich leid für Friedewalde, aber die wirtschaftlichen Perspektiven hier haben sich in den vergangenen Jahren eher verschlechtert”, begründet die 53-Jährige den Schritt.
Die Überlegungen begannen bereits vor zwei Jahren, als abzusehen war, dass Ärztin Olga Wiens nicht weiter praktizieren werde, wenn sie das Rentenalter erreicht habe. Eine Nachfolge war zunächst nicht in Sicht. “Und ohne Arzt am Ort oder in der Nähe haben wir in Friedewalde einen denkbar schlechten Standort”, meint Sonja Niemann-Schwier. Ihre Entscheidung änderte sie auch dann nicht mehr, als sich kurzfristig mit Alexander Thiel ein Nachfolger für Olga Wiens fand. Und die Schließung der Friedewalder Geschäftsstelle der Volksbank Herford-Mindener Land habe ihre Entscheidung bestätigt. “Man merkt, dass die Infratsruktur in Friedewalde leider ein bisschen wegbricht”, sagt sie. Die Nachfrage habe nachgelassen. “Das sieht man auch an den Zahlen.”
Neuer Name: Mühlenbach-Apotheke
In Rothenuffeln gibt es ein neues Ärztehaus mit dem Namen “Am Wiehen”. Dort praktizieren Friederike Martins, Olga Ullrich und Ruben Leven in Kooperation mit dem Holzhauser Ärzte-Ehepaar Christina und Tilo Polonius. “Als die Anfrage kam, haben wir das im gemeinsam Team besprochen und entschieden, den Standort zu verlegen. Die Alternative wäre die Schließung gewesen”, sagt Sonja Niemann-Schwier.
Die gute Nachricht: Alle ihre sieben Angestellten, Vertretungen und Aushilfen (Andrea Traue, Lisa Themann, Christine Kruse, Kimberly Weber, Maike Feldmann, Christina Quellhorst und Sabine Hoppmann) wollen bleiben, was sicherlich auch für das gute Betriebsklima spricht. In Rothenuffeln werde eine Apotheke nach den neuesten Standards mit Labor und Kommissionierer entstehen. Mit 162 Quadratmetern sind die Räumlichkeiten dort deutlich größer als in Friedewalde (ca. 110 Quadratmeter). Auch ein neuer Name ist bereits gefunden: Mühlenbach-Apotheke.
Eigentlich wollte Sonja Niemann-Schwier ihr Arbeitsleben in Friedewalde auch vollenden. “Wir hatten das 50-jährige Jubiläum schon anvisiert”, sagt sie. Das wäre in 13 Jahren (im Jahr 2036) der Fall gewesen, solange gibt es die Apotheke schon im Dorf. Gegründet hatte sie im Jahr 1986 die kürzlich verstorbene Apothekerin Edith Dähn. Bei ihr machte Sonja Niemann-Schwier nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) anfang der 1990er Jahre ein halbjähriges Praktikum.
Von Edith Dähn motiviert studierte sie anschließend in Münster Pharmazie, wobei sie in den Semesterferien oft in der Apotheke Friedewalde arbeitete. Im Jahr 2010 stieg sie als Gesellschafterin mit ein und betrieb die Apotheke zunächst zwei Jahre lang gemeinsam mit Edith Dähn als Offene Handelgesellschaft (oHG). Seit dem Jahr 2012 führt Sonja Niemann-Schwier die Apotheke Friedewalde in Eigenregie.
Ganz zu verzichten brauchen die Friedewalder aber auch künftig nicht auf die Dienste “ihrer” Apotheke. Sonja Niemann-Schwier möchte den Lieferservice aufrechterhalten. “Wenn die Friedewalder es wünschen, werden wir sie auch weiter versorgen”, verspricht die Apothekerin und verweist auf die bereits schon in Betrieb befindliche Vorbestell-App von “Ihre Apotheken”. Auch soll der Botendienst ausgebaut werden, unter anderem mit direkter EC-Kartenzahlung am Lieferort.
Bundestagsabgeordneter Oliver Vogt hospitiert am 16. August 2023
Lobend äußerst sich Sonja Niemann-Schwier über Ortsbürgermeisterin Jessica König, die sich sehr bemüht habe. “Allein kann sie aber auch nicht viel bewegen”, sagt sie. Vonseiten der Stadt Petershagen habe es hingegen keinerlei Nachfragen gegeben. Das wird sicherlich auch ein Thema am Mittwoch, 16. August 2023 sein, wenn der Minden-Lübbecker Bundestagsabgeordnete Oliver Vogt (CDU) vormittags in der Apotheke Friedewalde hospitiert. “Er möchte gerne wissen, wie der Betrieb in einer Apotheke so läuft”, erklärt Sonja Niemann-Schwier. “Ich werde ihm sagen, dass es sehr schade ist, wenn dörfliche Strukturen verloren gehen. Wir haben lange gekämpft und gehofft, doch am Ende bleibt uns keine andere Wahl, als den Standort Friedewalde aufzugeben.” Die Gewerbesteuer der künftigen Mühlenbach-Apotheke fließt ab dem kommenden Jahr dann der Gemeinde Hille zu.
Oh das ist ja schade aber Rothenuffeln liegt auf meinem Täglichen weg also für mich kein Problem
Verständlich – aber sehr bedauerlich für unsere Ortschaft. So geht ein Stück weitere Infrastruktur. Textilhaus: weg. Schuhhaus: weg. Lebensmittelladen: weg. Sparkasse und Volksbank: weg. Zahnarzt: weg. Arztpraxis: ?
So wird Friedewalde zum Schlafort. Oder schlafen wir schon länger?