Alte Molkerei

Meine Zeit als Milchfahrer  –   von Horst Traue aus Friedewalde

Bild von der Molkerei in Wegholm

Im Oktober 1960 übernahm ich die Milchsammeltour von Heinrich Meisolle. Vom Besitzer der Molkerei Friedewalde, Herrn Ernst Hartmann, kaufte ich einen gummibereiften Plattformwagen von 5,20 m Länge und 2,50 m Breite. Er kostete 2.700 DM, und es wurden mir bis zur vollständigen Bezahlung monatlich 100 DM vom Fuhrlohn abgezogen. Als Anfangsfuhrlohn bekam ich 820 DM.

Vor den Gummiwagen spannte ich unseren Deutz, der 18 PS hatte. Mit diesem Gespann fuhr ich jeden Morgen ohne Wetterdach um 6.50 Uhr zu meiner Rundtour los. Die Straßenverhältnisse waren schlecht. Der Holzhauser Damm, Teile der Galgenheider Straße und die Friedewalder Straße waren befestigt. Die meisten Wege aber waren Feldwege. Eine Tour war fast 7,8 km lang, die zweimal gefahren werden mußte; einmal zum Einsammeln der Milchkannen mit Vollmilch und anschließend zum Zurückbringen der geleerten Kannen. Im Galgenfeld begann meine Tour. Es waren 54 Anhalte- und Abladestellen. Die Sammeltour dauerte 80 Minuten. Die Milchkannen,   20 Liter, 10 Liter und 5 Liter-Kannen, wurden an der Rampe der Molkerei auf ein langsam laufendes Rollenband gewuchtet, dann ausgeschüttet und gewogen. In einen Teil der leeren Kannen kam Magermilch hinein, und man stellte sie auf die Rampe zurück. Der Vorgang dauerte eine dreiviertel Stunde. Mit dem beladenen Milchwagen begann ich wieder meine Rücktour und brachte die Kannen an die Besitzer zurück.

Mein Arbeitsverhältnis dauerte insgesamt 9 Jahre, auch noch nach Übernahme durch die Wiehengebirgsmolkerei Unterlübbe. In dieser Zeit haben wir sehr harte und lange Winter erlebt. Oft haben Nachbarn ihren Schlepper vor das Milchwagengespann hängen müssen um die hohen Schneewehen zu durchfahren. Nachbarschaftshilfe wurde sehr groß geschrieben. Ich erinnere mich, daß von den Anwohnern der heutigen  Straße „Zur Kloppenburg“ tagelang eine Schneegasse geschaufelt wurde. Die Fahrgasse war einspurig und so tief, daß man von der Seite nicht sehen konnte, wenn ich mit dem Milchwagen durchfuhr.

Das Fahren der Milch mit Schlepper und Gummiwagen endete, als die Wiehengebirgsmolkerei die Molkerei Friedewalde übernahm.

Quelle: Friedewalder Heimatblätter November 1992