Das „Deutsche Haus“ in Friedewalde – ein Stück unserer dörflichen Geschichte.
Quelle: Friedewalder Heimatblätter, November 2004
Im Dorfmittelpunkt gelegen, direkt an der Ortsdurchfahrt, präsentierte sich diese dörfliche Gaststätte den Durchreisenden. Von größerer Bedeutung war das Gasthaus aber für den Ort selbst, als Treffpunkt vieler Vereine und als Veranstaltungsort für viele Festlichkeiten. Heute ist das Gebäude als Alten- und Pflegeheim bekannt.

Erbaut von Wilhelm Kruse und Frau Luise Kruse geb. Prange, 1904
Schon 1682 wird im bischöflichen Kataster diese Stätte aufgeführt. Ihr Besitzer ist ein Christian Klöpper. Er ist Viertelmeier, d.h. er betrieb eine kleine Landwirtschaft und hatte ein Pferd. 1750 gehört diese Besitzung einem Cord Wischmeier. Dieser Name ist hier häufig und bedeutet ursprünglich: ein Meier (Bauer) bei der Wisch (Wiese), hier wohl die Ösperwiese.

1828 wird ein Bredemeyer als Besitzer genannt. Dieser Name ist auch in Verbindung mit der Gastwirtschaft in unserem Dorfe geläufig. Damals wurde schon neben der Landwirtschaft eine Gaststätte betrieben Es wird auch von Ställen und Scheunen berichtet.

Das „Deutsche Haus“ wurde neu gebaut. In den Steinen ist an der an der nördlichen Giebelseite festgehalten: „Erbaut von Wilhelm Kruse und Luise Kruse geb. Prange 1904“. Darunter: „Eine feste Burg ist unser Gott, eine gute Wehr und Waffen.“ In dieser Zeit wurden die Häuser nicht mehr in Fachwerkweise gebaut, sondern mit Ziegelsteinen und in besonderer handwerklicher Kunst. Man beachte nur einmal die Fenster– und Türbogen und Borten im oberen Bereich. Im Inneren der Häuser blieb allerdings das Fachwerk noch lange die gebräuchliche Bauweise.
Das „Deutsche Haus“ war immer Mittel- und Anziehungspunkt im Dorfe. Auch der Sportverein TUS Freya hat hier seine Wurzeln. Vor den Kuhkrippen sollen die großen Jungen geturnt haben. Als der Stall zum Saal ausgebaut war, wurde hier alles gefeiert und veranstaltet, was es im Dorfe gab: Familienfeste, Ausstellungen, Gluckenfeste, Kaffeetrinken nach Beerdigungen und bis 1960 Elternabende der Schule. Lange waren die Borcherdings Wirte im „Deutschen Haus“. 1989 wären sie 50 Jahre hier gewesen, wenn nicht 1988 das Gebäude von der Familie Reinhard Kruse gekauft und zum Alten– und Pflegeheim umgebaut worden wäre.
In dem großen Hauptgebäude war die Gastwirtschaft untergebracht, daran angegliedert war ein Kolonialwarengeschäft. Weiterhin befanden sich Wohnungen in dem Gebäude.
Ältere Friedewalder erinnern sich daran, daß der erste Gastwirt Heinrich Bredemeier, auch Betreiber des Kolonialwarenladens war, und ebenso die Wohnungen vermietete. So war die Arztpraxis von Dr. Wilhelm Vinke sen. in den ersten Jahren in den Zimmern hinter den Verkaufsräumen untergebracht.
Hinter dem unterkellerten Hauptgebäude, einem doppelstöckigen Backsteinbau, befanden sich längs die Stallungen und quer dazu die Scheune. Als weitere Erwerbsgrundlange wurde Milchvieh gehalten und Schweinezucht betrieben.
Als nach dem ersten Weltkrieg günstige Preise für Mastschweine gezahlt wurden, entstanden in Friedewalde mehrere große Mastställe. So bei Hasemanns Molkerei und auf der Stätte 12 bei Knesen. Allerdings waren die guten Preise nicht von Dauer. Originalton von Heinrich Ruhe: „Der ruinöse Preisverfall für Schweine um 1930 ließ diese Ställe schnell wieder verschwinden“.
So fanden auch die Ställe am „Deutschen Haus“ eine andere Nutzung. Die Scheune im Westteil diente eine zeitlang den Friedewalder Sportlern als Übungstreff. Die Turner hatten hier Barren, Reck und Pferd aufgebaut; die Schlagball-Leute studierten hier Theorie, geübt wurde allerdings auf den Wiesen.
Im Jahr 1932 wurde dann die Landwirtschaft in den Stallungen ganz aufgegeben und an der Stelle ein Saalbau geplant. Dieser wurde als ständerloser Saal konzipiert. Das war neu und einmalig in dieser Region. Neben der Bühne erhielt der Saal auch eine Parkettscherenbahn als Kegelbahn.
An die Saaldecke wurden von Malermeister W. Wilk sämtliche Wappen der hiesigen Vereine gemalt – eine Meisterleistung. Bei der großen Renovierung 1970/71 wurden diese Deckenmalereien leider überstrichen. Alle örtlichen Feste wie Gluckenfest, Maifeier, Sedanfest, Schützenfest und Kranzreiten wurden damals in dem Saal im „Deutschen Haus“ gefeiert.
Eine neue Ära begann 1939 mit der Verpachtung an W. Borcherding und Frau. Sohn Karl Heinz Borcherding war zu diesem Zeitpunkt 2 Jahre alt und konnte damals sicher noch nicht wissen, daß er später mit Ehefrau Irmgard den Betrieb weiterführen würde. Als weitere Festivität wurde ab 1957 von der Feuerwehr am Rosenmontag jeweils Karneval gefeiert. Vielen ist diese Feier als das legendäre „Kappenfest“ in Erinnerung. Manch „Auswärtiger“ lernte dort seine spätere Braut kennen.
1988 wurde das gesamte Areal von Reinhard Kruse erworben und zum Alten- und Pflegeheim umgebaut.
Reinhard Kruse war viele Jahre lang Betreiber des Pflegeheims. Er hat sowohl die Immobilien als auch den Betrieb vor einigen Jahren an die Auvictum Holding GmbH verkauft.