Ein Kommentar von Jürgen Krüger
Petershagen. Rund 40.000 Euro gibt die Stadt Petershagen aus, um ein Integriertes Kommunales Entwicklungskonzept (IKEK) auf den Weg zu bringen. Und zwar in der Hoffnung, dass das Konzept Wohlgefallen findet bei der Bezirksregierung in Detmold, und dass wir dann an Fördergelder kommen. Die 40.000 Euro bekommen der Landschaftsarchitekt Helge Jung und der Architekt Hartmut Lüdeling. Die beiden betreiben in Versmold die Arge Dorfentwicklung GbR. Die Firma hat sich darauf spezialisiert, Kommunen bei der Erstellung eines IKEK zu helfen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, sich Experten ins Boot zu holen, und die Art und Weise, wie Jung und Lüdeling arbeiten, scheint durchdacht und seriös zu sein: Sie führen eine Informationsveranstaltung für alle Bürgerinnen und Bürger durch, lassen sich die Dörfer zeigen (in Friedewalde am Mittwoch, 1. Februar 2017), empfehlen Stadtteilwerkstätten und IKEK-Foren. Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich ehrenamtlich bei den Stadtteilwerkstätten einbringen, ihre Wünsche und Ideen artikulieren. Dabei sind Maaslingen, Meßlingen, Südfelde und Friedewalde unter dem Namen “Stadtteil West” zusammengefasst. Am Montag, 27. Februar, um 18.30 Uhr soll sich der Stadtteil West erstmalig treffen. Tagungsort ist das Gemeindehaus Friedewalde, da wir in Friedewalde weder eine Gaststätte noch einen öffentlichen Versammlungsraum haben. Die Bürgerinnen und Bürger aus Maaslingen, Meßlingen, Südfelde und Friedewalde können sich nun selber überlegen, ob sie an dem Plan mitarbeiten möchten, oder nicht.
Dorfmanager und eigener Etat
Ich persönlich fühle mich von der Landesregierung verraten und verkauft: Während Millionen im Rheinland und im Ruhrgebiet versickern, sollen sich die Dörfer ehrenamtlich selbst managen. Das ist nicht nur naiv, das ist auch eine Unverschämtheit. Wenn Bund und Land nicht so viel Steuergelder verschwenden würden, dann wären die Kommunen auch nicht unterfinanziert und dann könnten wir uns auch diese Bittstellerei bei der Bezirksregierung in Detmold ersparen. Denn niemand weiß, ob wir mit unserem IKEK überhaupt an Fördergelder kommen. Das entscheidet hochachtungsvoll Düsseldorf, respektive die Bezirksregierung Detmold, die die Beschlüsse des Landtages im Regierungsbezirk Detmold umsetzt. Anders herum wird ein Schuh daraus: Wenn wir die Zukunft unserer Dörfer sichern wollen, dann müssen wir meines Erachtens mehr Professionalität wagen. Und das kostet Geld. Die Dörfer, oder von mir aus auch Stadtteile, sollten einen fest angestellten, hautpamtlichen Dorfmanager bekommen und die einzelnen Dörfer einen eigenen Etat. Dann können die Bürgerinnen und Bürger vor Ort selber entscheiden, wo am dringensten investiert werden sollte, weil sie das auch am besten wissen. Außerdem wären sie dann auch nicht mehr ganz so abhängig von der Stadt Petershagen, die sich offensichtlich mit ihrem strategischen Zielkonzept dem Landesentwicklungsplan unterworfen und Petershagen und Lahde als ihre Zentralorte ausgerufen hat (hier mehr zum Thema), während die anderen 27 Dörfer nur am Rande interessieren.
IKEK zur Selbstfindung nutzen
Die Bürgerinnen und Bürger der 27 Dörfer werden sich mehr einbringen müssen, aber nicht so, wie es die Landesregierung oder die Stadt Petershagen erwartet. Wir alle müssen politischer werden. Wir müssen dem Stadtrat und der Verwaltung auf die Finger schauen, damit das Geld nicht nur nach Petershagen und Lahde fließt. Außerdem sollten wir Dörfer unseren Teil vom Kuchen bei der Stadt Petershagen einfordern, wozu das IKEK vielleicht sogar eine gute Möglichkeit ist. Die Stadtteilwerkstätten bieten deshalb eventuell ein gute Möglichkeit zur Selbstfindung. Auf der anderen Seite sind wir alle Bürgerinnen und Bürger der Kommune Petershagen, und wir lieben unsere Heimat. Deshalb sollten wir uns gemeinsam gegenüber dem Kreis Minden-Lübbecke positionieren und klar formulieren, was wir brauchen. Der Kreis Minden-Lübbecke und die Region OWL ihrerseits sollten der Landesregierung klar machen, dass wir nicht im Urwald wohnen, nur weil unsere Region ländlich ist. Wer sich allein aus der Zeitschrift Landlust über das Landleben informiert, der bekommt leicht einen verklärten, nostalgischen Blick von der Realtität. Unseren gewählten Landespolitikern sollten wir den Rücken stärken und sie gleichzeitig ermahnen, unsere Anliegen selbstbewusster vorzutragen und auch durchzusetzen. Diesen Föderalismus müssen wir schon selber leben, in der Hoffnung, dass sich der Kampf lohnt.
Auffällig auf der Auftaktveranstaltung am Samstag war, dass von einer “enkeltauglichkeit” der Kindergärten, der Grundschulen und der Sportvereine keine Rede war.
Lediglich der Referent Prof. Dr. Henning Austmann äußerte auf Nachfrage eines Bürgers, wie denn die Idee entstanden ist aktiv zu werden, dass während einer Schulpflegschaftssitzung die Eltern den Wunsch äußerten, sich für ihre Orte einzusetzen um eine kindgerechte Umgebung zu schaffen und zu erhalten . Daher sollten junge Familien mit eingebunden werden.
Es stellt sich die Frage, wie stehen Politik und Verwaltung zur Förderung der ländlichen Infrastruktur?