Kraut und (Zucker) Rüben

Pflanzenschutz in der landwirtschaftlichen Praxis – Informationsbesuch auf dem Hof Niedringhaus

So sieht es also aus: Demonstrationsfläche zur Notwendigkeit von Pflanzenschutz an der L 764 zwischen Friedewalde und Stemmer. Linke Bildhälfte ohne jeden Pflanzenschutz, rechte Bildhälfte mit Pflanzenschutzmitteln

Friedewalde. Mächtige Sonnenblumen aus vorjährigen Anbau und Wildwuchs, der Boden hat offensichtlich noch reichlich Potential an vielfältigen Wildkräutersamen. Können diese doch über Jahrzehnte im Boden keimfähig bleiben. Insekten und Niederwild freuen sich. Aber wo sind die Zuckerrüben, von deren Ertrag doch der Landwirt seinen Lebensunterhalt zu bestreiten gedenkt?

Dieser Frage gingen Vorstandsmitglieder der CDU Friedewalde, Ratsmitglied Alfred Borgmann und stellvertretender Fraktionsvorsitzender Jürgen Buschke nach. Landwirt Helge Niedringhaus gab gern Auskunft zu allen Fragen zum Pflanzenschutz. 

„Ein guter Tag für Bienen“ hatte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) den Beschluss der EU-Staaten vom 27. April kommentiert, zum Jahresende drei der als insektenschädlich in Verruf geratenen Neonicotinoide, die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam für Kulturen im Freiland zu verbieten.

„Darauf haben wir uns eingestellt, das war zu erwarten“ kommentierte Helge Niedringhaus diese Vorgaben. Allerdings, für die Behandlung des Rübensaatgutes mit Neonicotinoiden als Beizmittel gegen bodenbürtige Schädlinge gibt es noch keine alternative Lösungen. 

Auch die Anwendung glyphosathaltiger Spritzmittel zur Bekämpfung von Altverunkrautung vor der Saat kann eine durchaus sinnvolle Anwendung sein. „Wollten wir die Wildkräuter mechanisch bearbeiten, müssten wir während der Keim- und Wachstumsphase mehrfach mit dem Traktor und entsprechenden Geräten über die Felder fahren. Da würden zum Beispiel die Gelege bodenbrütender Vögel zerstört.“

Jede Betriebsstunde mit dem Traktor kostet dann auch entsprechende Betriebsmittel, sprich Diesel, und die Personalkosten müssen schließlich auch in Rechnung gestellt werden. Die Diskussion über klimaschädliche Abgase und die CO2-Bilanz lassen wir dabei mal außer Acht.

Allerdings hat Helge Niedringhaus durchaus auch Sinn für den Naturhaushalt und Begriffe wie „Ökologie“ und „Artenvielfalt“ lösen bei ihm keine allergischen Reflexe aus. So finden sich auf einigen Feldern an 12 Standorten Blühstreifen. Uferrandstreifen an den Vorflut-Gräben legt er ebenfalls an. Die örtliche Lage der Blühstreifen hat er übrigens mit den Jägern abgesprochen. Hält sich in diesen Flächen doch gern das Niederwild auf und auch Rehe wissen Schutz und das Nahrungsangebot zu schätzen. An vielbefahrenen Straßen könnten solche Blühstreifen für Wild und Autofahrer dann zu unliebsamen Begegnungen führen.

 

 

Fazit: Viele Aspekte sind in der Landwirtschaft zu beachten. Landwirte sind in ihrer Tätigkeit in ein komplexes Regelwerk diverser Vorgaben eingebunden. Landwirtschaft prägt unsere Kulturlandschaft. Ob biologisch oder konventionell betrieben: Pflanzenschutz ist für den Ernteertrag eine wesentliche Voraussetzung. Verantwortungsvoll betrieben sollte dabei auch Raum für vielfältige Flora und Fauna bleiben.

Eine komplexe Aufgabe also, Mitteleinsatz und Ertrag in Einklang mit Natur und Landschaft zu bringen. Dabei haben wir noch gar nicht über das Wetter geredet … 

Was in der Gesprächsrunde noch zu erfahren war: Neben dem Anbau von Getreide, Mais, Raps und Zuckerrüben gibt es auf dem Hof Niedringhaus auch noch Sauenhaltung und Ferkelaufzucht. Und das „Tierwohl“ ist dabei kein Fremdwort. Ein interessantes Beispiel dazu ist der „Ferkelbalkon“, eine Laufgalerie in zweiter Ebene. Das kommt dem Bewegungsdrang der Ferkel entgegen und schafft Abwechslung im Ferkelalltag. 

Keine Vorstellung davon, wie das aussieht? Hier nachsehen (und noch mehr erfahren):

https://niedringhaus-agrar.de/66-2/ 

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2 thoughts on “Kraut und (Zucker) Rüben

  1. Wer mit offenen Augen durch die (Friedewalder) Landschaft fährt, sieht ausschließlich auf den Feldern von Helge Niedringhaus Ackerrandstreifen mit einem blühenden Nahrungsangebot für Insekten.
    Warum praktiziert das (gefühlt) nur ein Landwirt? Wo sind die Berufskollegen die mitmachen? Warum wird der letzte Grenz-cm noch umgepflügt?

    Wenn die Landwirtschaft in Zukunft ein positives Ansehen genießen möchte, sollte ein großes Umdenken im Sinne der Nachhaltigkeit stattfinden.
    …übrigens nicht nur bei den Landwirten!
    Wir Verbraucher haben es in der Hand, unsere ökologische Zukunft zu gestalten.
    Toll, das es Landwirte wie Helge gibt…

  2. Das war wirklich lehrreich und sehr gut erklärt von Helge. Da steckt eine Menge Wissen und Können und Liebe zum Beruf dahinter. Hut ab!

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