Zwei Oldies: Gerd Kruse auf seiner restaurierten Zündapp KS 50 mit Motor einer KS 80. Foto: Jürgen Krüger

Friedewalde. Es war ein Tag im Jahr 2003 als Michael Duda seinem Freund Gerd Kruse beim Tapezieren half. Während der Malerarbeiten kamen beide ins Gespräch über das damals erstmals ausgetragene Mofarennen der Renngemeinschaft Bohnhorst. Und die Zwei kamen zu einem eindeutigen Ergebnis: „Jawoll, da müssen wir mitmachen“, sagt Gerd Kruse rückblickend. Mit Marco Vegel, Holger Boneberger und Mario Duda fanden sich weitere Mitstreiter im Alter von Anfang vierzig, die ihre Jugendzeit in bester Erinnerung haben. Unter dem Namen MCS (Marios Catering Service) fuhren sie jahrelang Mofarennen, zunächst mit einer umgebauten Yamaha RD 50. „Irgendwann machten die Knochen nicht mehr mit“, sagt Gerd Kruse, der den Spitznamen „Yeti“ trägt. „Und es stand die Frage an, wie geht es weiter?“

Die 1970er: Mofa- und Mopedzeit

Die Jugendzeit in den 1970er und Anfang der 1980er Jahre war geprägt von Mofas und Mopeds. Zündapp, Kreidler, Hercules, Peugeot, KTM sind gängige Marken. Mit den Zweirädern ging es über die Dörfer, zu den Diskotheken Pöhler, Schäferbarthold, Lindenhof oder Kreuzkrug. Es bildete sich der Motorradclub Hille-Friedewalde (MCHF), wobei sich die Friedewalder an der Kirche, der Sparkasse oder beim „Dicken Karl“ (Gaststätte Deutsches Haus, heue: Altenheim Kruse) trafen. Irgendwann war Schluss damit, die Jugendzeit erledigte sich genauso wie die Mopeds. Nur Mario Duda behielt seine Zündapp KS 50. Lange Zeit stand sie unbeachtet in der Garage herum, bis Gerd Kruse im Jahr 2017 begann, das verstaubte Schätzchen zu restaurieren.

Zündapp Gruppe MCHF-Racing: Andreas Bauch und Mario Duda (hinten von links); Holger Boneberger (mittlere Reihe von links), Andreas Kruse, Reiner Kleine, Gerd Kruse, Ralf Duda, Thomas Dietrich und Heino Buhrmester; Ralf Schmidt (vordere Reihe von links), Michael Duda und Bernd Bagusat.

Diese neue Aufgabe führte zu einem schleichenden Übergang der Mofagruppe MCS hin zur Gründung der Mopedgruppe MCHF-Racing. Die von Gerd Kruse restaurierte Zündapp KS 50 von Mario Duda fährt heute dessen Cousin Michael Duda (ja der, der mit Gerd Kruse tapeziert hat). Die Gruppe ist mittlerweile auf rund zehn Mitglieder angewachsen, und anstatt Mofarennen nehmen sie nun am Weserbergland Moped-Marathon teil. Ausrichter ist auch hier die Renngemeinschaft Bohnhorst. Im Jahr 2024 machten sich mehr als 600 Mopeds auf die rund 280 Kilometer lange Strecke. MCHF-Racing war zum fünften Mal am Start (während Corona fiel die Veranstaltung aus).

„Die Szene hat sich entwickelt“

„Die Szene hat sich entwickelt, und wir sind mitgegangen“, sagt Gerd Kruse. Neben ihm fahren Michael Duda, Ralf Duda, Andreas Kruse, Heino Burmester und Michael Körtner mit ihren Zündapps mit. Ralf Schmidt baut sich parallel dazu eine KTM auf. Tapezieren, Mofa-Rennteam, Mopedgruppe – so in etwa ist die Gruppe zu verstehen, die sich in der Regel freitags trifft. „Geselligkeit spielt natürlich eine große Rolle“, gibt Gerd Kruse zu. Ende August 2024 sind sie mit ihren Mopeds zum Beispiel nach Willingen gefahren und haben sich ein schönes Wochenende gemacht.

Das Cockpit: Für Zündapp-Kenner ist das der gewohnte Blick. Foto: Jürgen Krüger

Bereits Mitte der 2000er Jahre hatte Gerd Kruse vom Friedewalder Schrotthändler Klaus Chow eine Zündapp C 50 (kleines Nummernschild) im schrottreifen Zustand bekommen. „Die war wirklich Schrott. Ich habe sie auseinandergebaut und nur den Rahmen behalten. Der stand dann jahrelang in der Ecke“, sagt der 62-Jährige. Irgendwann, nach der Restaurierung von Mario Dudas KS 50, begann er, sich nach und nach die Teile für seine C 50 zu besorgen. Der erste Motor stammte zum Beispiel aus Portugal. „Mit einer anderen Kurbelwelle, aber das wusste ich da noch nicht.“

Es dauerte eine Weile, bis Gerd Kruse soweit war, dass der TÜV sein schwarzes Moped Zündapp C 50 mit KS-50-Motor (6,25 PS, großes Nummernschild) im Jahr 2022 erstmalig zugelassen hat. Mittlerweile hat die Maschine die zweite TÜV-Prüfung bestanden. In diesem Jahr (2024) kamen die TÜV-Prüfer sogar zu Gerd Kruse in die Galgenheide, wo sie insgesamt 24 Fahrzeuge, darunter zwei Trecker, begutachteten.

Eigenbau: Der Prüfstand für Motoren. Foto: Jürgen Krüger

Eigener Prüfstand für Motoren

Gerd Kruse ist der technische Kopf der Schraubergemeinschaft. Der Friedewalder hat zunächst bei Ruhe in Hartum Landmaschinenmechaniker gelernt und ist dann 1987 zu WAGO gewechselt. Dort bildete er sich nebenberuflich zum Maschienbautechniker weiter und arbeitete sich bis zum Werkleiter Minden hoch. Zuletzt trug er die Verantwortung für 1.200 Mitarbeiter in der Produktion. Motoren und Getriebe sind seine Leidenschaft, Elektrik und Lackierung machen ihm aber auch keine Sorgen. Er hat sich sogar einen eigenen Prüfstand für Motoren gebaut. Da Gerd Kruse seit Mai 2023 im Ruhestand (Altersteilzeit) ist, hat er auch die Zeit, um sich intensiver der Zündapps zu widmen.

Ein ganzer Schuppen voller Zündapp-Teile

Im Frühjar 2023 gab es eine wohl einmalige Gelegenheit. Michael Körtner hatte sich im Ruhrgebiet eine KS 80 gekauft. „Der Vorbesitzer hatte einen ganzen Schuppen voll mit Zündapp-Teilen, die wir ihm abgekauft haben“, erinnert sich „Yeti“ Kruse, der die Teile gemeinsam mit Andreas Kruse und Michael Körtner abholte. Zwei Rahmen waren auch mit dabei. „Das war ein absoluter Glücksfall“, sagt Gerd Kruse, der aus diesen beiden Rahmen gemeinsam mit seinen Freunden von MCHF-Racing ab Februar 2024 zwei weitere Zündapp-Mopeds aufgebaut hat.

Das Herz der Zündapp: Diese KS 50 (6,25 PS) von Gerd Kruse hat den Motor von einer KS 80 (ca. 8 PS). Foto: Jürgen Krüger

Fehlende Teile hatten sie sich zuvor unter anderem im Internet besorgt und mit Aufbereitungsmaßnahmen, wie Rahmen pulvern und Lackierarbeiten, begonnen. Mehr als einhundert Stunden Arbeitszeit, so schätzt Gerd Kruse, habe er alleine schon investiert. Es handelt sich dabei um eine Zündapp KS 80 (80 Kubizentimeter Hubraum und 8 PS) und um eine KS 50 (normalerweise 50 ccm und 6,25 PS) mit einem KS-80-Motor. Alles Zweitakter, die mit einem Öl-/Benzingemisch im Verhältnis von 1:30 gefahren werden.

Sechs Zündapp-Mopeds sind mittlerweile restauriert, eines davon sogar extern verkauft. Weitere Maschinen möchte die Gruppe vorerst aber nicht aufbauen. „Wir arbeiten wir nur noch im Bestand“, verrät Gerd Kruse. Reparaturen und Wartung seien durchaus aufwändig. Und – die Gemeinschaft müsse ja auch gepflegt werden.

Sein Schätzchen: Gerd Kruse mit seiner schwarzen Zündapp C 50 mit Motor der KS 50. Foto: Jürgen Krüger

„Für mich besteht die Faszination darin, dass ich mit dem Wissen von heute Dinge umsetzen kann, die damals nicht möglich gewesen wären. Ich freue mich, wenn die Maschinen schön aufgebaut sind und gut laufen. Ich habe selber seine Zündapp KS 50 watercooled gefahren als ich 16 und 17 Jahre alt war. Bei den Restaurationsarbeiten kehrt irgendwie die Jugend zurück, so dass ich das Gefühl habe, selbst auch jung zu bleiben“, erklärt Gerd Kruse, schränkt aber schmunzelnd ein: „Auch wenn mein Körper mir manchmal etwas anderes sagt.“

Ein Gedanke zu „Zündapp – Liebeserklärung an den Zweitakter“
  1. herrliche Geschichten…
    Hier in Bad Oeynhausen war Hercules deutlich populärer. von der M5 wurde dann mit 16 zur Ultra Il LC gewechselt… .

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