Bahnhof Friedewalde

Die Kleinbahn Minden-Todtenhausen-Petershagen-Uchte“ war schon 1898 gebaut. Die Dörfer Stemmer, Friedewalde, Südfelde und Meßlingen lagen verkehrsmäßig ziemlich im Abseits. Nach jahrelangen Verhandlungen, hauptsächlich wegen der Streckenführung, war es 1915 endlich so weit. Am 1. August 1915 war ,,unsere Kleinbahn“ bis Wegholm fertig.

Der Friedewalder Bahnhof ausgeschnitten und retouchiert aus einer Luftaufnahme vom Firmengelände der Frost Maschinenbau GmbH

Doch schon der Anfang stand unter keinem guten Stern. Das zweite Jahr des Ersten Weltkrieges brach an und damit eine bedrohliche Versorgungslage der Bevölkerung. Alles wurde rationiert und dem freien Verkehr entzogen, so auch Getreide, Kartoffeln, Milchprodukte und andere Lebensmittel und das in einem reinen landwirtschaftlichen Raum.

Was sollte da unsere Bahn noch transportieren? Die Nachkriegsjahre waren ebenso krisenreich. 1922 musste der Personenverkehr auf unserer Strecke eingestellt werden. Stückgut wurde nur noch   zweimal in der Woche befördert. Als 1924 Leute aus Stemmer, Friedewalde, Meßlingen und Südfelde protestierten, hatten sie Erfolg. Der Personenverkehr wurde wieder aufgenommen.

Ganz offensichtlich war die Kutenhauser – Wegholmer Linie doch nicht wirtschaftlich. 1937 lagen Pläne vor, die Linie stillzulegen und abzubrechen. 30000 Reichsmark Zuschuss war jährlich nötig. Die Kreisbahn bot für den Personenverkehr eine Busbeförderung an. Es kam aber nicht zur Stilllegung, weil es wegen der damals herrschenden Maul- und Klauenseuche keine Verhandlungen mit den Landwirten geben konnte.

KI basiertes Foto vom Friedewalder Bahnhof ( die Häuser links oben sind Fantasie der KI, nur das weiße Wiegehäuschen und der kleine Hühnerstall
oben links im Bild, waren damals vorhanden. Bei der Halle der Schmiede Frost hat die KI die Fenster etwas verändert…

Ein Jahr später haben die Bauern einen größeren Frachtumsatz erreicht und schließlich rettete, so absurd es auch klingen mag, der Krieg die Bahn. Eine Stilllegung von Kleinbahnen wurde vom Reichsministerium nicht mehr erlaubt. Sie hat uns danach in der Kriegs- und Nachkriegszeit wirklich gute Dienste geleistet. Frau Lina Borcherding, die von 1940 bis 1959 am Bahnhof Friedewalde beschäftigt war, weiß noch zu erzählen: ,,Morgens um 6.00 Uhr fuhr der erste Zug nach Minden. Um 6.30 Uhr kam einer zurück, der um 7.00 Uhr wieder nach Minden zurückfuhr. Um 18.00 Uhr fuhr ein Arbeiterzug aus der Stadt in Richtung Wegholm.“

Der Großvater von Heinz Kaufmann (Süntkebrink) war Schaffner bei den Personenzügen. Kaufmanns wohnten damals auch im Bahnhofsgebäude. Im Krieg und in der Zeit vor der Währung war immer ein Waggon ganz voll mit Friedewalder Fahrgästen. Manchmal reichten kaum zwei Waggons.

Der Friedewalder Bahnhof mit der Schaffnerfamilie Kaufmann

Wenn ein Triebwagen fuhr, war der auch voll besetzt. Die meisten Friedewalder stiegen in Minden-Oberstadt aus. Man sagte auch einfach „Göbenstraße“. Wenn zum Bahnhof nur wenige fuhren, mussten sie umsteigen.

In der Hamsterzeit vor der Währungsreform war viel Betrieb auf der Kreisbahn. 1949 wurde ein Bus eingesetzt, der ausgerechnet seine Haltestelle am Bahnhof hatte und somit dafür sorgte, dass der Personenverkehr auf der Schiene ganz unrentabel wurde. Der Bus brachte die Fahrgäste an viele Haltestellen. Die Bahn hatte nur zwei. Außerdem dauerte die Bahnfahrt bis Minden ungefähr 50 Minuten.

Bei Regenwetter stellten sich die Leute im Bahnhof unter, fuhren dann aber mit dem Bus nach Minden. Viele Leute kamen mit dem Fahrrad zum Bahnhof, einige sogar vom Holzhauser Damm.

Im Winter kam es öfter vor, dass der Zug in den Schneeverwehungen stecken blieb. Dann musste erst alles freigeschaufelt werden und somit kamen auch Verspätungen bis zu mehreren Stunden vor. Verwehungen gab es hauptsächlich in der Kurve bei der Schule.

Wenn eine Nachricht nach Minden zu übermitteln war, drehte man einige Male die Kurbel. Am anderen Ende gab es dann ein bestimmtes Läutezeichen. Jeder Bahnhofsvorsteher kannte dieses Zeichen und wusste dann auch, ob er gemeint war oder ein anderer. Das Rufzeichen für Friedewalde war zweimal lang und einmal kurz. Lokführer auf dem letzten Triebwagen war Heinrich Mohrhoff.

Die Arbeit auf dem Bahnhof wurde schlecht bezahlt. Gehalt gab es nicht, weil die Miete angerechnet wurde.

Wir mussten monatlich 15 Mark bezahlen und ich war Witwe mit zwei Kindern. Auf dem Bahnhof in Wegholm haben die Eltern von Ewald Duffert die Arbeit gemacht. Wenn der letzte Zug in Wegholm gegen 7.00 Uhr ankam, wurde die Lok in den Schuppen gefahren.

Der Lokführer übernachtete dann in der Wirtschaft. Man nannte diese ja auch zu Recht,,Endstation“.

Wichtiger und rentabler als der Personenverkehr war der Güterverkehr.

Kartoffeln und Zuckerrüben wurden lose verladen. Die Bahn beförderte Saatkartoffeln im Herbst und im Frühjahr für Schlüter, Fahrräder und Nähmaschinen für ,,Schmied Meier“, Teppiche und Gardinen für „Drees“ und „Niemanns“ und viele Milchprodukte von der Molkerei Hasemann, zuletzt auch Eisen für die Firma ,,Frost“. Einen großen Posten machte der Kunstdüngertransport aus. Die Bauern aus Brüninghorstedt holten ihren Dünger von Wegholm ab.

Hier nun ein Überblick der Stationsvorsteher der Mindener Kreisbahn in Friedewalde:

1915 – 1924 Frau Meier

1924 -1 940 Ferdinand Häsemeier

1940 – 1959 Frau Lina Borcherding

1959 – 1965 Frau Lina Kruse

1965 – 1974 Frau Hanna Büttner

1959 – gab es schon keinen Personenverkehr mehr, sondern nur noch Stückgut und Express.

In den letzten beiden Jahren (1974-76) lief die Abrechnung über die Verwaltung in Minden.

Im Friedewalder Bahnhof waren immer zwei Wohnungen, die von Bahnbediensteten belegt waren. Wenn die Kreisbahn auch der Vergangenheit angehört, so ist unsere Heimatgeschichte nicht ohne sie denkbar.

Quelle: Die Mindener Kreisbahnen, I. und W. Schütte 1978
Quelle: Unsere Kleinbahn – ein Stück Geschichte von Wilfried Bröer (Buch 675 Jahre Friedewalde)